Ensemble Raccanto: Good evening, Master Händel!
Neues Schloss Meersburg, June 18, 2016

Das 50-jährige Bestehender Oberschwäbischen Barockstraße wurde mit der ersten langen Barocknacht am vergangenen Samstag gefeiert. Kaum ein Ort konnte dafür geeigneter sein als der Spiegelsaal des Neuen Schlosses in Meersburg. Im Rahmen der Schlosskonzerte veranstaltete die Stadt Meersburg ein Barockkonzert mit dem „Ensemble Raccanto“, das im voll besetzten Spiegelsaal Kammermusik vom Feinsten bot.

Der aus dem Italienischen abgeleitete Name des Quartetts ist Programm, er ist eine Kombination der Worte Erzählen und Gesang. Die Musiker erklären dem Publikum ihre Barockinstrumente; Robert Schröter das über zwei Meter lange Cembalo, Gesine Petersmann ihr Barockcello ohne Stachel, Brendan O’Donnell die verschiedenen Blockflöten und der Star des Abends, Andreas Pehl, seine Countertenor-Stimme, mit der er die höchsten Töne dank einer durch Brustresonanz verstärkten Falsett- Technik singen kann.

Unter dem Motto „Good Evening, Master Händel“ beeindruckten sie die Zuhörer mit Musik aus dem barocken England, die im 17. Jahrhundert viele begabte Komponisten vom Kontinent nach London lockte. Händels Opernmelodien, in Rom entwickelt und in England dem Publikumsgeschmack angeglichen, waren sehr populär. Für Pehl war er so etwas wie der Andrew Lloyd Webber der Barockzeit.

Von dem aus Deutschland eingewanderten Komponisten John Ernest Galliard (1687 in Celle – 1749 in London) präsentierte das Ensemble allein fünf der zwölf Musikstücke, Arien, Sonaten in d- Moll, die Kantate „Apollo und Daphne“ sowie ein Trinklied.

Robert Schröter demonstrierte mit einem virtuosen Solo seine Aussage, dass das Cembalo ein Improvisationsinstrument par excellence sei. In immer neuen Variationen spielte er rasant eine Komposition von William Babell (1689- 1723) „Vo‘ far guerre“ und erhielt großen Beifall für den längsten Einzelvortrag.

Schröter und Pehl haben 2007 das „ensemble raccanto“ gegründet. Als Countertenor ist Andreas Pehl inzwischen ein gefragter Interpret großer Oratorien nicht nur in Deutschland, sondern international.

Der außergewöhnliche Charakter seiner Stimme wurde von den Zuhörern nach der Zugabe mit stehendem Beifall belohnt. Der Künstler kann am 10. Juli beim Jubiläumskonzert der Birnauer Kantorei als David im Oratorium „Saul“ von Georg Friedrich Händel ein weiteres Mal gehört werden.

Lothar Fritz, Südkurier, 22 June 2016
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